Der Klimawandel ist in vollem Gange. So zählten die letzten Sommer zu den wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Polareis und Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt, Unwetter, Überschwemmungen und Dürreperioden nehmen zu. „Es gibt keinen Planeten B” warnen deshalb Klimaforscher und Aktivisten bereits seit Jahren. Vielerorts wurde mittlerweile der Klimanotstand ausgerufen.
Um eine Klimakatastrophe zu verhindern und die Erderwärmung auf noch einigermaßen kontrollierbare zwei Grad Celsius zu begrenzen, müssen die CO2-Emissionen drastisch reduziert werden. Das ist uns auch beim Thema Reisen wichtig. Doch was bedeutet klimafreundlich in diesem Zusammenhang und wie setzen wir das um?
Wieviel CO2 „darf“ jeder verursachen?
Um die globale Erderwärmung zu stabilisieren, muss Deutschland gemäß der Position des Umweltbundesamts im Einklang mit der internationalen Staatengemeinschaft den CO2-Ausstoß von derzeit 11,6 Tonnen CO2 auf unter 1 Tonne CO2 pro Kopf und Jahr senken.
Wie kann dieses Ziel erreicht werden?
Dazu benötigen wir wirksame staatliche Rahmenbedingungen, aber auch Änderungen auf der individuellen Ebene. Denn nur wenn viele EINZELNE ihre Gewohnheiten ändern und ihr Leben klimafreundlicher gestalten, kann im GESAMTEN soviel CO2 eingespart werden. Das Potenzial auf individueller Ebene ist durchaus enorm. Pro Jahr kann der Durchschnittsbürger tonnenweise CO2 vermeiden!
Warum wir nicht fliegen!
Fliegen ist die mit Abstand klimaschädlichste Art der Fortbewegung. Egal wie sehr du sonst auf die Umwelt achtest – bereits ein Urlaubsflug ruiniert deine persönliche Ökobilanz. Fliegst du zum Beispiel in die Karibik und zurück, übersteigt dies das Pro-Kopf-Jahres-Budget bereits um das Dreifache – Mehrwegkaffeebecher und Bambuszahnbürste hin oder her.
Die Klimawirkung von Flugzeugen hängt zudem nicht nur von den CO2-Emissionen ab. Da die Treibhausgase in den besonders sensiblen oberen Schichten der Atmosphäre ausgestoßen werden, richten sie viel mehr Schaden an als am Boden. Kondensstreifen und vermehrte Wolkenbildung durch Rußpartikel und Wasserdampf verstärken den Treibhauseffekt enorm.
Um die gesamten Klimaschäden abzuschätzen, muss man deshalb die CO2-Emissionen mit dem sogenannten RFI-Faktor (Radiative Forcing Index) multiplizieren, der nach Schätzung des Umweltbundesamtes zwischen 3 und 5 liegt.
Nachhaltig fliegen geht also leider nicht. Da wir jedoch nicht auf Kosten nachfolgender Generationen leben wollen (beziehungsweise derer, die bereits jetzt den Klimawandel deutlich spüren) verzichten wir darauf, wenn es irgendwie möglich ist. Stattdessen setzen wir auf Bus und Bahn.
Und wenn es nicht anders geht?
Wenn du bei einem weit entfernten Ziel auf einen Flug nicht verzichten willst, ist ein Direktflug zumindest etwas weniger schädlich. Außerdem kannst du die Emissionen finanziell kompensieren, zum Beispiel mit myclimate oder atmosfair. Bei dem „modernen Ablasshandel“ werden in Höhe der errechneten Emissionen Klimaschutzprojekte unterstützt.
Die in großer Höhe ausgestoßenen Stoffe bleiben aber natürlich da und werden nur sehr langsam abgebaut. Mit Kompensation fliegen ist also besser als ohne, aber noch viel besser ist es, auf Alternativen zu setzen!
Bahn, Auto, Reisebus oder Flugzeug?
Entscheidend für die CO2-Emission einer Reise ist die Entfernung zum Ziel und die Wahl des Fortbewegungsmittels. Denn diese belasten die Umwelt in sehr unterschiedlichem Maß. Betrachtet man die Klimabilanz unter Einbezug der durschnittlichen Auslastung, ergibt sich laut Umweltbundesamt folgende Reihenfolge:
- Am klimafreundlichsten sind Reisen mit dem Fernbus mit 32 g CO2 pro Person und Kilometer, da Reisebusse im Durchschnitt immerhin zu 60 % gefüllt sind. Denn je höher die Zahl der Mitreisenden, umso besser wird die Ökobilanz pro Kopf.
- Dicht danach folgt die Bahn mit 36 g und 56 % Auslastung im Durchschnitt. Zugfahrten sind wesentlich klimafreundlicher als das Flugzeug – und auf kurzen Strecken nicht unbedingt langsamer, wenn man die Anfahrt zum Flughafen und die Wartezeit dort einbezieht.
Mein Tipp, wenn dir die Reisezeit zu lang erscheint: Buche Schnellzüge – wie ICE, TGV oder Eurostar – oder Nachtzüge, bei denen du die Fahrtzeit einfach „verschläfst“ und dabei sogar eine Übernachtung einsparst. Eine weitere Möglichkeit ist es, gezielt Zwischenstopps einzulegen, um Freunde, Verwandte oder einfach Städte zu besuchen. - Das Auto schneidet bei der Betrachtung der Klimabilanz vor allem aufgrund der sehr geringen Auslastung deutlich schlechter ab. Im Durchnitt sitzen nur 1,5 Personen in jedem Auto! Deshalb kommt das Auto auf 139 g pro Person und Kilometer.
Laut einer Studie des Fraunhofer ISI sind außerdem etwa die Hälfte der Autofahrten kürzer als 5 Kilometer und etwa ein Viertel sogar kürzer als 2 Kilometer. Da frage ich mich: Warum nicht einfach mal das Rad nehmen oder laufen und zum Beispiel den sonntäglichen Gang zum Bäcker mit einem Spaziergang verbinden? - Mit weitem Abstand am klimaschädlichsten ist ganz klar das Flugzeug. Trotz relativ hoher Auslastung von 82 % verursacht es 201 g pro Kopf und Kilometer.
Jede individuelle Entscheidung für ein Verkehrsmittel wirkt sich auf das Klima aus – und viele Entscheidungen zusammen machen einen spürbaren Unterschied!
Ist #Flugscham sinnvoll?
Der durch den Flugverkehr erzeugte Klimaschaden macht bei Berücksichtigung des RFI-Faktors sechs bis zehn Prozent des gesamten, menschengemachten Treibhauseffektes aus – Verursacher ist aber nur ein sehr kleiner Teil der Weltbevölkerung. Nur drei Prozent der Menschheit sind zum Beispiel im Jahr 2017 geflogen. Gerade mal 18 Prozent haben überhaupt schon mal ein Flugzeug betreten. Selbst in Deutschland nutzt weniger als die Hälfte das Flugzeug.
Darunter sind Menschen, die einmal im Jahr in den Urlaub fliegen, aber auch Vielflieger, die nahezu täglich fliegen, Hunderttausende Kilometer zurücklegen und Tausende Tonnen CO2 produzieren.
Deswegen brauchen wir auch eine Debatte darüber, wer viele Emissionen verursacht und warum. Die Flugschamdebatte setzt genau hier an und fordert Jeden dazu auf, persönlich Verantwortung für verursachte Emissionen zu übernehmen.
Die Effekte auf das tatsächliche Flugverhalten sind jedoch leider gerade in Deutschland bis jetzt eher gegenteilig – es wird sogar mehr geflogen, wenn auch mit schlechtem Gewissen. In Schweden, wo die Debatte ihren Urspung hat, nehmen zumindest Inlandsflüge messbar ab.
„Ob ich als Einzelner nicht fliege, macht doch gar keinen Unterschied“
Meine persönliche Meinung dazu? Klar, es muss endlich was im Großen passieren, denn das gesteckte Klimaziel ist ohne grundsätzliche Änderungen in Wirtschaft und Politik nicht zu erreichen. Aber genauso wichtig ist meines Erachtens auch, dass jede und jeder Einzelne nicht jegliche Verantwortung von sich schiebt, sondern auch selbst versucht, den eigenen ökologischen Fußabdruck zu verbessern.
Denn auch wenn ein komplett klimaneutrales Leben nicht möglich ist, machen konkrete Verhaltensänderungen einen großen Unterschied. Außerdem bedingen sich die individuelle und die kollektive Ebene gegenseitig.
Die politischen Rahmenbedingungen müssen so gestaltet werden, dass klima- und umweltfreundliche Fortbewegung zum Regelfall wird, und um das zu erreichen, kann und muss auch der Einzelne aktiv werden! Wenn stattdessen jeder abwartet und auf Andere zeigt, um sebst nichts ändern zu müssen, geschieht … einfach nichts.
„Der Flugverkehr macht doch nur 2 % des menschengemachten Klimawandels aus!“
Das klingt erstmal wenig, aber im Gegensatz zu Essen und Wohnen kann auf das Fliegen einfacher verzichtet werden. Außerdem ist der RFI-Faktor dabei noch nicht berücksichtigt, also nicht die ganze Klimawirkung. Obendrein nimmt der Flugverkehr immer weiter zu und es ist schlicht und einfach nicht möglich, dass Jeder auf der Welt soviel fliegt wie wir Deutschen, ohne dass dies dramatische Folgen nach sich zieht.
„Warum sollen gerade wir in Deutschland anfangen?“
Besonders ungerecht ist es, dass die Menschen in den ärmeren Ländern des globalen Südens von den Klimafolgen am stärksten betroffen sind. Denn sie haben bis jetzt zum Klimawandel relativ wenig beigetragen und verbrauchen oft weniger als ein Zehntel von uns in den Industriestaaten. Wenn der Lebensstandard dort steigt, werden aber auch sie mehr fliegen wollen. Ohne diese Länder kann Klimaschutz deshalb nicht funktionieren.
Die Gesellschaften, die bis jetzt für den größten Anteil am menschengemachten Klimawandel verantwortlich sind, sind meines Erachtens aber stärker in der Pflicht, Lösungsansätze zu entwickeln und sollten eine Vorreiterrolle zu übernehmen.
Und was ist mit Fähren?
Leider ist es nicht einfach auszurechnen, wieviele Emissionen Fährfahrten im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln verursachen. Bei den Statistiken des Umweltbundesamts sind keine Zahlen dazu finden. Und auch bei den gängigen Rechnern zum ökologischen Fussabdruck ist die Fähre als Option nicht enthalten.
Dort gibt es in der Regel nur die Auswahl „Kreuzfahrtschiff“. Das ist allerdings nicht vergleichbar, denn bei Fähren liegen die Treibhausgas-Emissionen gerade mal im Bereich der eines Kleinwagens.
Die Emissions-Werte, die je nach Schiff schwanken, findest du zum Teil auf den Seiten der Fährgesellschaften selbst. Es fehlen aber Angaben zur durchschnittlichen Auslastung, damit es wirklich vergleichbar ist. Auf den Fähren, auf denen wir bis jetzt waren, war die Auslastung jedoch gefühlt immer sehr hoch.
Flugzeuge stoßen für die gleiche Strecke auf jeden Fall mehr CO2 aus und schneiden unter Berücksichtigung des RFI-Faktors nochmals schlechter ab. Außerdem überbrückt man mit der Fähre meist nur eine kurze Strecke.
Leider stoßen viele Schiffe aber große Mengen gesundheitsgefährdender Luftschadstoffe wie Feinstaub, Dieselruß oder Stickoxide ungefiltert aus. Das Ärgerliche: 99,9 Prozent davon könnten laut NABU durch schwefelarme Kraftstoffe und die Verwendung von Rußpartikelfiltern sowie Stickoxidkatalysatoren reduziert werden.
Die gute Nachricht: Generell wird die Schiffsfahrt im Vergleich zu früher sauberer und Schweröl verliert an Bedeutung. Strengere Umweltauflagen sorgen dafür, dass sich die Reederein nach Alternativen wie Flüssiggas umschauen. Seit 2020 dürfen Schiffe weltweit nur noch Treibstoff mit einem Schwefelgehalt von 0,5 Prozent statt bisher 3,5 Prozent einsetzen oder müssen die Abgase vom Schwefel reinigen.
Auf der Ostsee gibt es deshalb einige Fähren, die mit dieselelektrischen Hybridmotoren betrieben werden. Einige Reedereien setzen aber weiter auf Schweröl und rüsten ihre Schiffe stattdessen mit sogenannten Scrubbern nach, da der schwefelarme Dieseltreibstoff viel teurer ist.
Gesetzliche Maßnahmen
Was kann der Gesetzgeber ändern, damit umweltfreundlichere Fortbewegungsmittel stärker nachgefragt werden?
Ich denke eine sehr große Rolle spielen dabei die Preise. Fliegen ist fast immer sehr viel billiger als Bahnfahren. Gerade die Billigangebote sorgen dafür, dass der Anteil des Flugverkehrs am Treibhauseffekt wächst. Die externen Umweltkosten sind darin jedoch in keinster Weise abgebildet. Das liegt nicht zuletzt daran, dass auf Bahntickets eine Mehrwertsteuer erhoben wird, auf Kerosin aber nicht.
Einfach gesagt: Einige wenige Menschen gefährden durch ihr Flugverhalten die Lebensgrundlage aller Menschen und werden dafür sogar noch vom Staat belohnt. Diese umweltschädlichen Subventionen müssen gestrichen werden!
Um ein Ausweichtanken zu verhindern, wäre eine europaweite Besteuerung von Kerosin sinnvoll. Außerdem sollten die Kosten der verursachten Umweltschäden berücksichtigt werden, zum Beispiel in Form einer CO2-Bepreisung.
Natürlich müssen aber auch die Alternativen wie Bus und Bahn attraktiver werden: mehr Verbindungen und Haltestellen, eine bessere Taktung, mehr Nachtzüge etc.
Im Straßenverkehr muss meines Erachtens vor allem ein Bruch mit der viel zu autozentrierten Sicht stattfinden. Aktuell hat das Auto immer oberste Priorität und bekommt den meisten Platz eingeräumt. Fußgänger und Radfahrer werden an den Rand gedrängt. Für einen guten Verkehrsfluß werden sogar Verletzte und Tote in Kauf genommen. Bei rund drei viertel der Unfälle mit Radfahrenden sind Autos zum Beispiel Allein- oder Hauptverursacher, Alleinunfälle sind oft durch schlechte Radwege verursacht.
Die Gesetzgebung und Verkehrsinfrastruktur verhindern so effektiv, dass Menschen auf umweltfreundliche Formen der Mobilität wie das Fahrrad umsteigen. Die Straßenverkehrsordnung muss deshalb angepasst werden – Stichwort „Vision Zero“.
So machen wir es:
- Wir versuchen beim Reisen möglichst wenig Umweltschäden zu hinterlassen. Deshalb wählen wir eher nähere Ziele in Europa und emissionsarme Fortbewegungsmittel. Natürlich schadet aber auch das der Umwelt mehr als ein Urlaub auf Balkonien.
- Wir fliegen nicht, wenn es irgendwie möglich ist. Innerhalb Europas klappt das in der Regel auch super. Auch wenn es mal etwas länger dauert, das sollte uns unser Planet wert sein.
Denn gerade Kurzstreckenflüge sind pro Kilometer besonders klimaschädlich, da die meisten Emissionen bei Start und Landung entstehen und die Maschinen kleiner sind, sodass sich die Emissionen auf weniger Passagiere verteilen. - Ein Fernflug kommt für uns als jährlicher Regelfall nicht in Frage, sondern maximal als absolute Ausnahme.
- Wir setzen konsequent auf Bus, Bahn oder die eigene Muskelkraft (Fahrrad, Wandern).
- Fähren nehmen wir nur dann, wenn ein Reiseziel nicht anders zu erreichen ist. Dabei überbrücken wir die geringstmöglichste Distanz, um zum Beispiel zu einer Insel überzusetzen.
- Wir besitzen kein Auto. Ein voll besetztes Autos halte ich aber für eine zu vertretende Reiseform, da die schlechte Ökobilanz ja vor allem daran liegt, dass Jeder allein in seinem Auto sitzt.
Achtest du beim Reisen auf nachhaltige Aspekte? Verzichtest du auf Flüge? Was ist dir besonders wichtig und was fällt dir schwer? Wir freuen uns über deinen Kommentar!
Kommentare
Kommentar schreibenDANKE für's Wissen teilen und einer hoffentlich bald etwas grüner …
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DANKE für’s Wissen teilen und einer hoffentlich bald etwas grüner eingestellter Welt, in der wir verantwortungsvoll gemeinsam unseren Nachkommen ein schönes Leben sichern! 🙂
Danke für deinen Kommentar! Ich hoffe auch, dass ein grünes …
am
Danke für deinen Kommentar! Ich hoffe auch, dass ein grünes Umdenken stattfindet.