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Möwe am Mont-Saint-Michel
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„Das Wetter war sehr ähnlich, als die Alliierten am D-Day in der Normandie landeten“, versucht uns Guide Antoine mit der grauen Wolkendecke und dem frühmorgendlichen Bodennebel am Pointe du Hoc zu versöhnen.
Hier fand am 6. Juni 1944 eine der spektakulärsten Operationen des D-Day statt, bei der amerikanische Ranger-Einheiten die Steilküste mithilfe von Seilen und Leitern erklommen, um eine die Landungszonen Omaha Beach und Gold Beach bedrohende Küstenbatterie auszuschalten. Sie waren Teil der größten Landeoperation der Geschichte, mit der alliierte Truppen an fünf Stränden in Westfrankreich ihren Marsch nach Berlin einleiteten.

Die erbitterten Kämpfe im Frühsommer 1944 liefern seitdem Vorlagen für zahlreiche Bücher und Filme und die Erinnerung daran ist auch heute noch in Gegend um Caen allgegenwärtig.
So wird auf vielen Straßenschildern der Weg zur nächsten Landebucht ausgewiesen und häufig erinnern Denkmäler am Wegesrand an den Longest Day. Anbieter geführter Touren werben mit martialisch gestalteten Plakatwänden und die Souvenir Shops sind voller D-Day Andenken. Daneben gibt es noch einige Museen und die Möglichkeit, die alten Schlachtfelder und Friedhöfe zu besichtigen.

Neben den Landungsbuchten gibt es aber natürlich noch weitere gute Gründe für eine Reise in die Normandie: Die im Norden Frankreichs gelegene Provinz ist Heimat pittoresker Dörfer inmitten rauer, abwechslungsreicher Landschaften und bietet ein breites kulturelles und gastronomisches Angebot. Daneben zeugen Schlösser und Burgen, Abteien und alte Herrenhäuser von der seit Jahrhunderten bewegten Geschichte der Region.

Kathedrale Notre-Dame de Bayeux

Besonders lohnend ist ein Besuch in der Normandie während des alljährlichen D-Day Festivals: In den zwei Wochen um den Jahrestag finden dabei über 100 Events statt, darunter Gedenkfeiern, Feuerwerke und Konzerte mit Musik aus den 40ern.
In diesem Zeitraum sind auch viele Veteranen und Reenactment Darsteller unterwegs, die mit Paraden, Fallschirmsprüngen und Landungsbooten die geschichtsträchtigen Tage von 1944 wieder aufleben lassen. Dazu gehören natürlich auch alte zivile Fahrzeuge und Militärjeeps, die dann – teils allein, teils in Konvois – auf den Straßen der Normandie fahren.

D-Day: Landung in der Normandie

Am Pointe du Hoc klart der Vormittagshimmel etwas auf. Wir werfen einen letzten Blick auf die von Bombenkratern zerklüftete Steilküste und fahren mit Antoine ins einige Kilometer östlich gelegene Colleville-sur-Mer. Das Dörfchen in der Landezone Omaha Beach war am D-Day Schauplatz schwerster Kämpfe. Der Blick vom Strand hinauf zu den Hügeln lässt unwillkürlich die Frage aufkommen, wie hier – in einem Gelände ohne Deckung und mit perfektem Schußfeld für die Maschinengewehre auf den Hügeln – überhaupt eine Landung gelingen konnte.
Die Alliierten zahlten einen hohen Preis für ihren Erfolg an dieser Stelle und heute erinnert direkt am Strand das Omaha Beach Memorial an tausende junge Männer, deren Leben hier beendet wurde. Der vormals beliebte Badestrand wird seitdem nur noch als „Omaha Beach“ bezeichnet, stellvertretend für die gesamte Landezone.

Wenige Fahrminuten entfernt, auf den Anhöhen die ehemals von den Verteidigern gehalten wurden, liegt der amerikanische Soldatenfriedhof. Hier befinden sich die Gräber von mehr als 9.000 Gefallenen der Operation Overlord. Die unendlichen Reihen schlichter weißer Grabsteine sind ein ebenso beeindruckender wie bedrückender Anblick, der unter anderem auch in der Eröffnungsszene von Saving Private Ryan festgehalten wurde. Hier lohnt sich auch ein kurzer Rundgang im Memorial and Visitor Centre, wo Karten an den Wänden den Ablauf der Landung wiedergeben.

Britischer Friedhof in Bayeux

Die letzte Station unserer Landungsbuchten-Tour ist das Musée du Débarquement in Arromanches-les-Bains. Die Ausstellung hier zeigt neben Uniformen und vielen Fotos vor allem Informationen zum schwimmenden Hafen, der – 500 Hektar groß – in der Bucht direkt vor den Fenstern des Museums innerhalb kürzester Zeit angelegt worden war. Noch heute lassen die gut sichtbaren Schiffswracks (die als Fundament versenkt wurden) die gigantischen Ausmaße des Hafens erahnen. Diese wurden mit schwimmenden Landungsstegen verbunden, bevor Brücken zum Ufer gelegt wurden. Mit dieser beeindruckenden Ingenieursleistung war es möglich, den Nachschub bis zur Eroberung des Hafens von Cherbourg über den schwimmenden Hafen abzuwickeln.
Im Kino des Museums läuft in Dauerschleife eine von der britischen Admiralität produzierte Dokumentation, die Planung, Errichtung und Betrieb des Hafens Mulberry Harbour B beleuchtet.

Anschließend fährt uns Antoine zurück zum Startpunkt am Bahnhof von Bayeux, wo die Tour auch gebucht werden kann. Wir laufen weiter zum nahe gelegenen Memorial Museum of the Battle of Normandy. Das Museum wirkt von außen eher klein, kann aber durch den verwinkelten Aufbau im Inneren eine Menge Informationen vermitteln. Sowohl vor dem Gebäude als auch im Inneren werden einige Panzer, Transport- und Konstruktionsfahrzeuge und Geschütze ausgestellt. Daneben gibt es Unmengen an Fotos, Exponate wie Uniformen und Ausrüstungsteile und jede Menge erläuternde Texttafeln. Ein vollständiger Rundgang durch das Museum nimmt so leicht einige Stunden in Anspruch.
Nur wenige hundert Meter entfernt liegt der britische Soldatenfriedhof. Auch hier reiht sich in endlosen Kolonnen ein Grabstein an den nächsten. Besonders bedrückend: Die Gefallenen waren im Schnitt erst um die 20 Jahre alt.

Der Tag endet spät beim Up the Johns! Liberty Ball im nahe gelegenen Bretteville-l’Orgueilleuse. Antoine – nicht nur unser Guide, sondern auch Organisator des Balls – kümmert sich in der ausverkauften Halle um Sitzplätze für uns. So können wir den Auftritt der 40er und 50er Hits zum Besten gebenden Miss Paramount sehen. Fast interessanter ist allerdings das zu einem guten Teil in historische Uniformen gekleidete Publikum. Das Ganze hat ein wenig von Militärfasching und wir unterhalten uns trotz massiver Sprachbarrieren hervorragend mit einem Local in amerikanischer Generalsuniform … Größere Mengen an Wein waren der Völkerverständigung schon immer hilfreich!

Le Mont-Saint-Michel bei Ebbe

Le Mont-Saint-Michel

Ein klein wenig unausgeschlafen geht es am nächsten Morgen mit einem Shuttle-Bus von Bayeux 120 Kilometer durch die Normandie zu einer der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Frankreichs.
Am Mont-Saint-Michel endete vor der Entdeckung Amerikas die Welt, jenseits davon kamen nur noch Weltenabgrund und Tod. Dementsprechend wurde die die Insel überragende Abtei gebaut: ankommende Pilger sahen inmitten des Meers eine Trutzburg des Glaubens … die aber nicht ganz einfach zu erreichen war. Hin und wieder endete die Pilgerreise auf den letzten Metern in der steigenden Flut oder in den Treibsandfallen der Bucht. Auch den britischen Invasoren gelang es im Hundertjährigen Krieg nicht die Insel einzunehmen. Die letzte Bastion Frankreichs gilt seitdem als Nationalheiligtum.

Um den Tourismus anzukurbeln wurde die kleine Insel im 19. Jahrhundert durch einen Damm mit dem Festland verbunden. Das führte allerdings zur Versandung der Bucht, sodass die vormals sieben Kilometer im Meer liegende Insel sich heute deutlich näher am Land befindet. Ab Mitte der 1990er wurde der Damm wieder rückgebaut und durch eine Stelzenbrücke ersetzt, damit soll der maritime Charakter des Mont-Saint-Michel wiederhergestellt werden.
Heute erreichen die meisten Besucher die Insel bequem mit dem Shuttleservice vom Parkplatz aus. Es gibt aber auch die Möglichkeit die zwei Kilometer mit einer Pferdekutsche zu bewältigen oder einfach zu laufen. Wanderer die abseits der Brücke unterwegs sind sollten aber vorsichtig sein: Gezeiten und Treibsand sind nach wie vor gefährlich. Es wird geraten, in der Bucht nur mit einer geführten Tour unterwegs zu sein.
Auf dem Klosterberg gibt es neben den Führungen natürlich auch die Möglichkeit die Abtei auf eigene Faust, zum Beispiel  mit einem Audio-Guide, zu erkunden. Die Tour durch die vielen Räume dauert leicht einige Stunden, nebenher gibt es von Aussichtsplattformen und Gängen immer wieder atemberaubende Blicke auf die Bucht. Anschließend laden die (recht teuren) Restaurants und Imbissbuden in den verwinkelten Gassen am Fuß der Abtei zu einer Pause ein, bevor es über die Brücke zurück zum Parkplatz geht. Von dort bringt uns das Bus-Shuttle am Nachmittag zurück nach Bayeux.

Die raue Küstenregion der Normandie war immer wieder Schauplatz von Konflikten, davon zeugen noch heute prunkvolle Burgen und wehrhafte Klöster. Und während Le Mont-Sant-Michel bereits UNESCO Weltkulturerbe ist, streben die D-Day Landungsbuchten diesen Status noch an. Unabhängig davon ist die Region im Nordwesten Frankreichs unbedingt einen Besuch wert!

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Weitere Informationen

Wattwanderung am Mont-Saint-Michel

Das Ende der Welt: Kapelle am Mont-Saint-Michel

Landung in der Normandie: D-Day mit dem Fahrrad | Memorial Museum of the Battle of Normandy in Bayeux

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