Abseits der riesigen Musik-Events mit mehreren zehntausend Besuchern gibt es unzählige winzige kleine und mittelgroße Festivals überall in Europa. Hier treffen sich Enthusiast:innen – die sich oftmals schon das ganze Jahr genau darauf freuen – mit Gleichgesinnten aus der ganzen Welt, um in familiärer Atmosphäre ihren jeweiligen Lifestyle zu feiern.
Einige Favoriten unter diesen Underground-Perlen waren schnell identifiziert und so konnte es an die Planung für An- und Abreise sowie die Buchungen der Unterkünfte gehen. Wie bei unseren anderen Reisen auch war es dabei wichtig, die Wege trotz teils langer Distanzen umweltfreundlich ohne Flugzeug zu bewältigen. Das erforderte insbesondere für Events in Spanien und Portugal Einiges an Vorbereitung… aber letztendlich war es machbar.
Bei Planung und Recherche unerlässlich waren Tools wie:
- Rome2Rio ermittelt Verbindungen mit den verschiedensten Verkehrsmitteln; auch solche, die sonst nur extrem schwer zu finden wären.
- Trainline fragt europaweit zahlreiche Transportunternehmen ab und findet Zug- und Busverbindungen. Dadurch entfällt die Einzelsuche bei lokalen Anbietern wie Deutsche Bahn, Österreichische Bahn, etc.
- Buchungsplattformen wie booking.com um günstig gelegene Unterkünfte zu finden.
Und jetzt begleite uns, wenn wir neue Konzert-Highlights in Europa entdecken und Liebgewonnene wieder besuchen!
Dies ist ein Platzhalter für eine Google Maps Karte.
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A Day in Smoke
Basel, Schweiz
Mit der Schweiz sozusagen vor der Haustür war die Anreise am letzten April-Wochenende gar kein Problem. Es gibt täglich mehrere Zugverbindungen von Stuttgart über Karlsruhe nach Basel, außerdem eine Alternativroute via Strasbourg.
Besonders gefreut hatte ich mich auf meine beiden griechischen Faves 1000 Mods und Villagers of Ioannina City. Der Überraschungspreis ging an Powder for Pigeons und Velvet 2 Stripes. Das Highlight war aber der perfekt-psychedelische Auftritt von Colour Haze, der grandios mit meiner durch Edibles schwer eingefärbten Wahrnehmung harmonierte.
Der Rückweg am nächsten Tag war genauso easy wie die Hinfahrt und wurde lediglich durch unseren etwas derangierten Zustand minimal erschwert. Ein Saison-Start auf Beginner-Level also.
Munster Raving Loony Party
Tarragona, Spanien
Die Anreise gestaltete sich hier extrem schwierig, da genau im Reisezeitraum Ende Mai Gleisarbeiten in Südfrankreich durchgeführt wurden. Es gab dadurch keinerlei Zugverbindungen und so waren alle Direktverbindungen an den Tagen davor komplett ausgebucht. Wir mussten also eine andere Möglichkeit finden, was sich aber als nahezu unlösbar herausstellte: Die meisten Alternativrouten waren ebenfalls ausgebucht.
Nach einer unglaublich aufwändigen Recherche- und Planungsphase hatten wir dann aber eine Lösung für die wir teils die letzten verfügbaren Plätze buchen konnten. An einem Dienstagabend ging es mit einem späten Zug nach Paris. Nach einigen Stunden Schlaf in einem reichlich überteuerten Hotel dann frühmorgens weiter nach Nîmes und von dort nach Narbonne. Von hier wollten wir einen weiteren Zug nach Perpignan nehmen, um mit BlaBlaCar zum Tagesziel Girona zu gelangen. Unterwegs stellte sich jedoch heraus, dass unser super netter Fahrer Philippe bereits in Narbonne startete und uns direkt dort aufsammeln konnte.
In Girona dann eine weitere positive Überraschung: Vor lauter Jonglieren mit Terminen und Verbindungen hatten wir bei der Planung übersehen, dass wir jetzt einen Überhang-Tag hatten, bevor das Festival beginnen würde. Kurzerhand verlängerten wir unseren Aufenthalt im Hotel, besorgten uns Leihräder und machten auf dem Bahntrassenradweg Via Verde del Carrilet eine Tour nach Olot ins Pyrenäenvorland.
Auf dem letzten Abschnitt gab es keine Hindernisse: Von Girona fahren täglich mehrere Busse nach Barcelona. Von dort gehen dann regelmäßig Zugverbindungen nach Tarragona.
Zu den Highlights, die mir in Erinnerung geblieben sind, gehört Nestter Donuts mit seiner durchgeknallten Flamenco-Trash-Show. Ebenfalls großartig: Vurro mit Keyboards, Klavier, Drums und einem beeindruckenden Kuhschädel. Außerdem catl mit ihrem live fett knallenden Blues Rock, Frank Castro mit seiner irren Sideshow und die großartigen Courettes.
Ich bin mir aber ganz sicher, dass mir die eine oder andere interessante Band entging, während ich damit beschäftigt war, entspannte Menschen aus ganz Europa kennenzulernen.
Für den Rückweg hatten wir etwas Zeit eingeplant. Von Tarragona ging es zuerst mit dem TGV nach Avignon. Nach einer Übernachtung dann mit dem Bus weiter zum Wandern und Radfahren in die Ardèche. Einige Tage später fuhren wir schließlich mit dem Bus nach Montélimar und wollten von dort mit dem TGV über Paris nach Hause. Durch einen Personenschaden gab es allerdings Verspätungen auf dem Weg nach Paris, was in einer verpassten Anschlußverbindung resultierte.
Alles in allem ein superschöner Trip, dessen Planung es aber wirklich in sich hatte. Zu unserem Erstaunen lief dann aber alles perfekt abgesehen von einigen Stunden Verzögerung auf der Rückfahrt.
Festival Beat
Salsomaggiore Terme, Italien
Die Anreise nach Norditalien ist natürlich unproblematisch: Mit dem Zug ging es Anfang Juli erst nach Zürich und dann weiter nach Mailand. Von dort gibt es eine Zugverbindung nach Salsomaggiore Terme, die allerdings recht lange dauert und nur selten verkehrt. Deswegen – und weil unser Zielort recht überschaubar ist – nahmen wir stattdessen Mietwagen und konnten so tagsüber noch Ausflüge in die Emilia-Romagna machen.
Dabei ist die Atmosphäre in dem kleinen Kurort fast wichtiger als das Geschehen auf der Bühne.
Die Rückreise war mit den gleichen Etappen wie die Anreise geplant und verlief auch weitgehend gut. Lediglich auf dem letzten Abschnitt hatten wir wegen technischer Probleme einen ungeplanten, zweistündigen Stop in Singen am Bodensee, den wir aber in einem Café überbrücken konnten.
SonicBlast Festival
Vila Praia de Âncora, Portugal
Portugal stellte sich als der Endgegner für die Anreise ohne Flugzeug heraus! Theoretisch bestünde die Möglichkeit, die Strecke am Stück in Fernbussen zu absolvieren, aber die Aussicht auf 35 Stunden Busfahrt schreckte uns schwer ab. Also starteten wir wieder an einem Dienstagabend nach Paris, von dort ging es nach der obligatorischen Übernachtung am nächsten Morgen mit dem TGV weiter nach Hendaye.
Nach 10 Stunden Aufenthalt in dem sehr schönen – und sehr touristischen – Küstenort an der spanischen Grenze folgte dann über Nacht eine elfstündige Busfahrt nach Porto. Von hier gehen Busse nach Norden, so dass wir am Donnerstag Mittag schließlich in Vila Praia de Âncora ankamen.
Leider hatten wir beim Ticketkauf etwas geschlafen, so dass wir nur noch Karten für Donnerstag und Freitag ergattern konnten und den Samstag ausfallen lassen mussten. Beide Tage waren aber mit grandiosen Acts gespickt. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir King Buffalo, Frankie & the Witch Fingers, Toxic Shock, Witch und SLIFT
Nach einer derartigen Anreise wollten wir nicht direkt zurück fahren, sondern hatten noch einige Tage in Lissabon und Porto eingeplant. Beide sind problemlos mit dem Bus erreichbar.
Für eine entspannte Rückreise hatten wir zudem den Weg in mehrere Etappen aufgeteilt. Zuerst ging es mit dem Bus von Porto ins spanische Vigo und von dort weiter mit dem Zug nach Madrid. Hier hatten wir einen Tag Aufenthalt, um die Hauptstadt Spaniens ein wenig kennenzulernen.
Die nächste Etappe führte uns mit dem Zug nach Barcelona und von dort mit dem Bus weiter nach Perpignan. Nach einer Übernachtung in der südfranzösischen Kleinstadt ging es dann am nächsten Tag mit dem TGV über Paris nach Hause.
Reisen ohne Flugzeug – Was für ein Sommer!
Zahllose grandiose Bands, viele neue Bekanntschaften und Unmengen schöne Erlebnisse … Dieser Sommer war, nicht zuletzt durch das klimafreundliche Reisen ohne Flugzeug, ein absoluter Knaller!
Wäre es nur um die schnellstmögliche An- und Abreise gegangen hätten wir spannende Städte wie Girona, Lissabon oder Madrid nicht besucht, keine interessanten Unterhaltungen im BlaBlaCar gehabt, den wunderschönen Sonnenuntergang in Hendaye verpasst … Anders als bei Flugreisen ist hier also der Weg durchaus auch das Ziel.
Für Viele ist das Flugzeug natürlich immer noch das Verkehrsmittel der Wahl, auch für Ziele in relativ kurzer Entfernung. Das ist sicher nachvollziehbar: Fliegen ist dank Subventionen spottbillig und deutlich schneller. Reisen mit Bus und Bahn hingegen erfordern oft mehr Planung, sind teurer und dauern meist länger. Sie lohnen sich trotzdem, denn die Möglichkeit Land und Leute besser kennenzulernen ist unbezahlbar und liefert weitaus bessere Erlebnisse und Stories. Von den positiven ökologischen Effekten des klimafreundlichen Reisens ganz zu schweigen.
Vielleicht willst du also bei der nächsten Urlaubsplanung in Erwägung ziehen, die An- und Abreise ohne Flugzeug zu bewältigen. Strecken unter 1.000 bis 1.500 Kilometer lassen sich meiner Erfahrung nach oft gut bewältigen.
Für mehr Informationen zum Thema findest du Infos bei Organisationen wie Stay Grounded oder Back-on-Track.
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