La Vélodyssée – Frankreichs Atlantikküste

EuroVelo 1 / La Vélodyssée an der französischen Atlantikküste

Mildes Klima, endlose Strände, glasklares Wasser,  ausgedehnte Wälder und idyllische Seen: Die französische Atlantikküste bietet Aktivurlaubern in den Regionen Pays de la Loire und Nouvelle-Aquitaine perfekte Bedingungen. Nicht zuletzt sorgt das sprichwörtliche Savoir-vivre der Locals für eine entspannte Atmosphäre.

Wellen, Wind und Sand schaffen für Wassersportler ideale Voraussetzungen zum Surfen, Segeln und Paragliden. Radfahrer können hunderte Kilometer auf Radwegen zurücklegen. Viele davon führen durch schattenspendende Pinienwälder.
Die Vélodyssée ist einer dieser Radwege und folgt als Teil des EuroVelo 1 fast der kompletten Westküste Frankreichs. Und auch wenn sich die Bezeichnung auf Odysseus‘ jahrelange Irrfahrt bezieht … Derartiges ist hier sicher nicht zu befürchten: Die Vélodyssée Radstrecke ist perfekt beschildert und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Zyklopen heimgesucht. Dafür durchquert die Route bekannte Weinbaugebiete wie das Médoc und führt entlang der malerischen Küste durch Naturparks, Marschland und kleine – wenn auch sehr touristische – Orte. Dazwischen laden idyllische Strände immer wieder zu einer Bade-Pause ein.

Vogelschutzgebiet am Atlantik

Schon der Beginn der Tour ist außergewöhnlich: In Jules Vernes‘ Heimatstadt Nantes überquert die Route das Gelände des Steampunk-Freizeitparks Les Machines de l’Île, bevor sie dem Loire-Radweg zur Küste folgt. Dabei siehst du unterwegs immer wieder die Kunstwerke des Projekt Estuaire, das zeitgenössische Kunst ans Ufer der Loire bringt. Inspiriert davon fingen auch Privatleute an, Skulpturen am Straßenrand aufzustellen … Es gibt also Einiges zu sehen.
Auch sonst hat die Strecke viel zu bieten: Du erlebst zahlreiche Highlights wie die Passage du Gois, eine nur bei Ebbe befahrbare Verbindungsstraße zur Île de Noirmoutier. Im Süden der Region Pays de la Loire liegt das Departement Vendée. Dieses ist dank des lokalen Mikroklimas mit ebenso vielen Sonnenstunden gesegnet wie Südfrankreich. Der Streckenverlauf in der Region Nouvelle-Aquitaine ist geprägt von langen Sandstränden, Pinienwäldern und Badeorten. Das Ziel Bordeaux schließlich liegt mitten im gleichnamigen weltberühmten Weinbaugebiet mit seinen etwa 500 Weinschlössern.

Trotz glanzvoller alter Seebäder wie Royan oder La Tranche-sur-Mer ist die französische Atlantikküste bodenständig. Neben den obligatorischen Hotels gibt es hier auch viele Campingplätze und die Preise sind – saisonabhängig – recht verträglich.
Spannend sind die Kontraste zwischen den überlaufenen Touristenhochburgen und einsamer Natur. Über weite Strecken fährst du duch menschenleere Wälder, Sumpflandschaften und Buchten.

Den alten Prunk verdankt die Region zu einem wesentlichen Teil dem Sklavenhandel. In ihren Häfen wurden Schiffe mit billigen Tauschwaren beladen. Diese wurden dann in Westafrika bei Menschenhändlern investiert. Die Opfer wurden in die Karibik verschifft und dort weiterverkauft. Mit wertvoller Fracht wie Kaffee, Zucker und Kakao beladen kehrten die Seelenverkäufer in ihre Heimathäfen zurück. Dieser Kreislauf ermöglichte den Wohlstand der Region. Entlang der Atlantikküste wird dieser Teil der französischen Geschichte in einigen Museen thematisiert und auch Bezüge zur Gegenwart hergestellt.

Essen wie Gott in Frankreich?

Kulinarisch ist Frankreich ein Mekka. Das beginnt beim morgendlichen Croissant und setzt sich bis zum Abendessen fort. Qualitativ hochwertige Speisen haben hier definitiv einen anderen Stellenwert als in Deutschland. Das macht sich zwar auch bei den Preisen bemerkbar, lohnt aber allemal. Die charakteristischen Fischerhütten versorgen Restaurants mit frischem Fisch und Muscheln in höchster Qualität.
Die Situation für Freunde pflanzlicher Kost ist allerdings schwieriger. Frankreich gehört zu den Ländern mit dem geringsten Anteil an Vegetariern in Europa und das zeigt sich deutlich. Das Konzept ist so wenig verbreitet, so dass zum Beispiel bei der Frage nach fleischlosen Optionen in einer Bäckerei kategorisch verneint wird. Erst auf Nachfrage wird das de facto Nationalgericht „Baguette mit Käse“ dann als vegetarisch identifiziert. Whooops … wir hoffen, dass es der Verkäuferin trotzdem noch schmeckt.
In Städten gibt es aber natürlich spezialisierte Restaurants und mit etwas Glück und Hilfe der Happy Cow App landest du auch in kleineren Orten hin und wieder einen Glückstreffer. Und notfalls bleibt immer noch Baguette oder Crêpe mit Käse, auch wenn das auf Dauer reichlich eintönig wird.

Idylleschock in Lacanau Océan

Radfahren im Westen Frankreichs

In Frankreich setzte sich vor einigen Jahren die Erkenntnis durch, dass das Fehlen vernetzter Fernradwege dem Radtourismus nicht zuträglich ist. Deshalb wurde ein ambitioniertes Programm zur Schaffung eines Radroutennetzes ins Leben gerufen, das nach und nach umgesetzt wird. Der Plan soll Frankreich zum Fahrradreiseziel Nummer Eins machen. Er umfasst die sieben in Frankreich verlaufenden EuroVelo-Routen sowie etwa 50 nationale Radrouten, die das gesamte Land erschließen sollen. Dabei werden existierende Radrouten nach Möglichkeit eingebunden. Im Moment ist etwa ein Drittel der anvisierten 20.000 Kilometer realisiert. Die Routen bilden aber noch kein zusammenhängendes Netz.
Ein Ergebnis dieser Bemühungen ist seit 2012 der Atlantikküsten-Radweg Vélodyssée. Als französischer Abschnitt des EuroVelo 1, der vom Nordkap bis nach Portugal führt, verläuft die Strecke auf 1.200 Kilometern von Roscoff im Norden der Bretagne über Nantes, Royan, Lacanau, Arcachon und Biarritz bis an die spanische Grenze. Sie ist damit die längste Radroute Frankreichs.

Auf dem EuroVelo 1 / Vélodyssée von Nantes nach Bordeaux

Technisch ist dieser Abschnitt des EuroVelo 1 nicht sehr anspruchsvoll und verläuft weitgehend flach an der Küste. Dabei ist fast jede Kreuzung beschildert. Große Teile der Route sind perfekt ausgebaut und kommen als ehemalige Eisenbahnstrecken nicht allzu häufig mit Autostraßen in Berührung. Auf Landstraßen und in den Städten erweisen sich die Autofahrer als extrem zuvorkommend und fahren fast schon übervorsichtig. Auf den gemeinsam genutzten Straßen ist die Radspur oft breiter als die Autospur. Kurz: ein Radweg de Luxe und ein echtes Paradies für Radfahrer!
Dementsprechend viele Radler sind besonders nahe der Orte unterwegs, meist auf dem Rennrad oder Mountainbike. Und auch Radreisende sind keine Seltenheit, treten allerdings weniger häufig auf, als man es bei einer Strecke dieser Qualität vermuten könnte.
Entlang der Route gibt es zahlreiche Campingplätze und Hotels, die auf Radfahrer eingestellt sind.

Umfassende Rad-Infrastrukturmaßnahmen machen es möglich: Der EuroVelo 1 / Vélodyssée ist einer der besten Radwege, auf denen wir jemals unterwegs waren. Die Radspur ist teils breiter als die Autostraße, der Straßenbelag meist hervorragend und die Beschilderung lückenlos. Dazu sind die Steigungen im Grunde nicht der Rede wert. Und auch wenn die Gegend teils sehr touristisch ist, ist die Atlantikküste mit ihren ausgedehnten Naturschutzgebieten ein einmaliges Erlebnis.

Roadbook

Gesamtstrecke: 618 km
Anstieg (gesamt): 1180 m
Gefälle (gesamt): -1174 m
Höchster Punkt: 51 m
Niedrigster Punkt: 1 m

Die Strecke lässt nichts zu wünschen übrig: Die Vélodyssée ist ein perfekt ausgebauter und beschilderter Küstenradweg, der entlang der wunderschönen Atlantikküste und durch nahezu unberührte Natur führt. Ein absolutes Highlight! Während unserer Reise erlebten wir eine ausgewachsene Hitzewelle – Meeresbrise und Fahrtwind machten die rekordverdächtigen Temperaturen aber erträglich. Du solltest kein grundsätzliches Problem damit haben bei hohen Temperaturen zu fahren und in jedem Fall immer ausreichend Wasser dabei haben: Längere Strecken ohne Einkaufsmöglichkeiten kommen durchaus vor.
Anstatt von Bordeaux aus einen Ausflug zur Dune du Pilat zu machen würde es sich anbieten, von Lacanau Océan aus auf dem EuroVelo 1 zu bleiben und entlang des Bassin d‘Arcachon dorthin zu fahren.

Highlights

  • Les Machines de l’Île in Nantes
  • Passage du Gois zur Île de Noirmoutier
  • Strand in Lacanau Océan
  • Sonnenuntergänge am Atlantik

  • A Anne
    am

    Hallo, das klingt ja toll! Habt Ihr immer spontan Unterkünfte gefunden oder vorreserviert? Wir sind im August unterwegs, haben Sorge, dass alle Unterkünfte ausgebucht sind. Hast Du da noch Tipps für uns?
    Herzlichen Dank, Anne

    Antworten

    • Nico Nico
      am

      Hi Anne,
      wir haben von Tag zu Tag entschieden wohin wir fahren und immer spontan Unterkünfte gebucht. Das hat problemlos geklappt, war allerdings auch im Juni – außerhalb der Hochsaison. Ich könnte mir vorstellen dass du im August besser vorher reservieren solltest.
      Empfehlen kann ich dir die Villa Zénith in Lacanau Océan: der Ort hat tolle Strände und das Hostel ist sehr entspannt und schön eingerichtet.
      Viel Spaß auf der Vélodyssée!

      Antworten

  • Y Yannick
    am

    Hallo,

    ein toller Artikel, der zur Nachahmung motiviert.
    Allerdings sind wir uns nicht sicher, wie wir die Anreise und den Rückweg nach Nantes am besten gestalten.
    Habt ihr Tipps für uns?

    Viele Grüße

    Antworten

    • Nico Nico
      am

      Hi Yannick!
      Danke! Wir kamen damals mit der Fähre aus Dover und sind dann mit dem Zug über Paris nach Nantes gefahren. Die Fahrradmitnahme war im TGV problemlos möglich (mit Platzreservierung, wenn ich mich recht erinnere). Das scheint mir die unstressigste Methode zu sein.
      Ein weiterer Vorteil – neben den Umweltaspekten – ist, dass du am Zielort einfach wieder in den Zug steigen und zurückfahren kannst.
      Bei der Planung der Zugverbindungen ist die Radfahrer Hotline der Deutschen Bahn extrem hilfreich.
      Viel Spaß am Atlantik, La Vélodyssée ist wirklich eine tolle Strecke!

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      • Y Yannick
        am

        Vielen Dank für deine Antwort!
        Die Hotline hat mir leider nicht so gut geholfen, aber auf der Website oui.sncf ist es sehr einfach Züge mit Fahrradmitnahme innerhalb Frankreichs zu recherchieren.

        Antworten

        • Nico Nico
          am

          Freut mich, dass es geklappt hat. Viel Spaß am Atlantik!

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  • S Silke Kirchmann
    am

    Hi, danke für den guten Bericht, sind grade in Nantes, und Fragen uns, wie wir wohl in 2 Wochen mit den Rädern wieder hier ankommen, hättest Du einen Tipp? Ginge das auch mit Fahrrad?

    Liebe Grüße Silke

    Antworten

    • Nico Nico
      am

      Hi Silke,
      sorry ich verstehe irgendwie die Frage nicht so ganz… Was wollt ihr in zwei Wochen mit den Rädern machen? Eine Tour die in Nantes beginnt, endet und teils auf dem EuroVelo 1 verläuft?
      In dem Fall würde ich einfach noch einige Tage auf dem Loire-Radweg verbringen und die Rückfahrt von Bordeaux nach Nantes mit dem Zug planen.
      Viel Spaß und viele Grüße
      Nico

      Antworten

  • G Greifenstein Yasmine
    am

    Echt toller Artikel. Die Höhensksla intrigiert mich.
    Wo sind denn die 51 m angesagt? An der Düne von Pilat, oder woanders ?
    Lg , Yasmine

    Antworten

    • Nico Nico
      am

      Danke! Die Dune du Pilat ist auf der Skala nicht dabei. Sie ist über 100 Meter hoch und weiter südlich als wir mit dem Rad gefahren sind, bei Arcachon.
      Den Punkt sehe ich auf der Etappe Lacanau Océan – Bordeaux, am Ortsausgang von Salaunes.
      Viele Grüße!

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Diese Route ist Teil der Tour
Long Road EU - Von Nordwest- nach Südeuropa